Forschung
Menschen orientieren sich in ihrem Verhalten häufig an Gerechtigkeitsmaßstäben, leiden unter Ungerechtigkeiten, fordern in den verschiedensten sozialen Situationen Gerechtigkeit und stellen deren Bedeutung für das Zusammenleben von Menschen im Allgemeinen heraus. Andererseits existieren anscheinend große Unterschiede bezüglich der subjektiven Bedeutung von Gerechtigkeit. Über einen längeren Zeitraum wird deshalb in der Gerechtigkeitspsychologie das Konstrukt Gerechtigkeitsmotiv diskutiert. Trotz zahlreicher Befunde aus der Gerechtigkeitspsychologie, welche die Fruchtbarkeit der Annahme eines solchen Motivs nahelegen, gibt es bisher zum Gerechtigkeitsmotiv keine systematische motivationspsychologische Forschung im engeren Sinne.
Dissoziation des Gerechtigkeitsmotivs
Menschliche Motive werden in der Psychologie häufig im Sinne eines Leistungs-, Anschluss- und Machtmotivs untersucht. Die Annahme eines Gerechtigkeitsmotivs stellt eine Ergänzung dieser Unterscheidung dar und beinhaltet laut Dalbert (2001) im Kern das Streben von Menschen nach Gerechtigkeit um ihrer selbst willen. Außerdem lässt sich dieses Motiv ähnlich dem Leistungsmotiv in ein implizites und ein explizites (selbst-attribuiertes) Gerechtigkeitsmotiv unterteilen.
Bezüglich der Gerechtigkeitsmotive ist interessant, welche unterschiedlichen menschlichen Reaktionen diese vorhersagen. Es kann angenommen werden, dass das implizite Gerechtigkeitsmotiv, welches außerhalb des subjektiven Bewusstseins über intuitive Prozesse operiert, eher unbewusste Reaktionen von Menschen erklärt und von automatischer Informationsverarbeitung profitiert. Das explizite Gerechtigkeitsmotiv wiederum operiert über kontrollierte Prozesse und sagt eher bewusste menschliche Reaktionen vorher.
Bewusste und unbewusste Informationsverarbeitung bei Entscheidungen
Aus Alltagserfahrungen kennen wir Situationen, in denen wir wiederholt mit komplexen Entscheidungsproblemen konfrontiert werden. Dabei stellt sich häufig die Frage, wie am besten mit der Entscheidung umgegangen bzw. wie sie getroffen werden soll. Vielleicht sollte man vor dem Fällen einer wichtigen Entscheidung zunächst sorgfältig über diese nachdenken? Oftmals tendieren Menschen dazu zu glauben, dass Strategien wie das Verwenden einer Pro-Kontra-Liste oder das Abwägen von Positivem und Negativem zur besseren oder gar zur besten Entscheidung führen. Was ist jedoch, wenn wir eine Entscheidung aufschieben, vielleicht weil sie im Moment zu schwer zu treffen ist? Dann haben wir möglicherweise nach einiger Zeit plötzlich völlige Klarheit darüber und können dann ein Problem optimal lösen oder die richtige Wahl bzw. Entscheidung treffen.
Unter welchen Bedingungen also sollten Menschen vor einer Entscheidung eher sorgfältig nachdenken oder eher nicht bewusst reflektieren? Und wie kann die Qualität von bewussten oder unbewussten, vor allem gerechtigkeitsthematischen Entscheidungen durch das implizite oder explizite Gerechtigkeitsmotiv vorhergesagt werden? Hierbei können die Gerechtigkeitsmotiv-Theorie (Dalbert, 2001) und die Unconscious-Thought-Theorie (Dijksterhuis & Nordgren, 2006) theoretisch sowie empirisch miteinander verknüpft werden.
- Bullying und regelwidriges Verhalten von SchülerInnen im Zusammenhang mit dem Gerechte-Welt-Glauben und Wohlbefinden
Konkretes ist in Arbeit.