Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Kontakt

Prof. Dr. Maja Schachner
Pädagogische Psychologie – Sozialisation und Kultur

Martin-Luther-Universität Halle-
Wittenberg
Mitarbeiterinnen im Projekt
Sophie Hölscher
Judith Kehl
Priscilla Krachum Ott

Kooperationspartner
Prof. Dr. Daniela Gröschke
Interkulturelle Personal- und Organisationsentwicklung

Friedrich-Schiller-Universität Jena
Laura Malik
Jaël In ‘t Veld

Prof. Dr. Anke John
Geschichtsdidaktik

Friedrich-Schiller-Universität Jena
Patricia Kleßen

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Weltoffen lernen - Entwicklung eines Erhebungsinstruments zur Messung der interkulturellen Kompetenz von Schulen

Lautzeit: 01.11.2020 - 30.09.2022
Finanziert durch den Europäischen Sozialfonds (ESF)

Projektziel

Ziel des Projektes „Weltoffen Lernen“ war es, auf wissenschaftlicher Basis ein kontextspezifisches Evaluationsinstrument zu diversitätsbezogenen Praktiken und Normen von Schulen zu entwickeln, mit dem sich Thüringer Schulen selbst hinsichtlich ihres Umgangs mit (kultureller) Vielfalt einschätzen können. Ferner gibt das Evaluationsinstrument Aufschluss über die Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen, die das Zugehörigkeitsgefühl aller Schüler*innen fördern und so zu mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit beitragen können.

Ergebnisse Modul 1: Diversitätsperspektiven

Organisationen wie z.B. die Schule und Einzelpersonen, die in diesen Organisationen arbeiten, können Strukturen, die einzelne Gruppen benachteiligen (z.B. Rassismus, Sexismus, Ableismus), entweder verstärken oder reduzieren, je nachdem wie sie Vielfalt wahrnehmen und damit umgehen. In der Schule können z.B. durch die Schulordnung, schulinterne Konzepte und Regelungen aber auch über die persönlichen Sichtweisen von Lehrer*innen unterschiedliche Perspektiven von Vielfalt vermittelt werden. Diese Perspektiven unterscheiden sich in der Art und Weise, wie Vielfalt gesehen wird (z.B. ob Vielfalt geschätzt, ignoriert oder abgelehnt wird), und hinsichtlich des Bewusstseins dafür, wie benachteiligende gesellschaftliche Strukturen mit dem Umgang mit Vielfalt verbunden sind und so Bildungsungerechtigkeiten verstärken oder verringern. Das Ausmaß, in dem Schulen Vielfalt wertschätzen, ignorieren und/oder ablehnen, beeinflusst die Leistungen, die Zugehörigkeit und die Lebenszufriedenheit der Schüler*innen (z. B. Celeste et al., 2019; Schachner et al., 2019). In der wissenschaftlichen Fachliteratur wird zwischen vier Perspektiven unterschieden: der Vielfalt-ablehnenden Perspektive, der Vielfalt-ignorierenden Perspektive, der Vielfalt-wertschätzenden Perspektive und der (Rassismus-) kritischen Perspektive.

Das Selbstevaluierungsinstrument wird in Form eines Lehrer*innenfragebogens durchgeführt, und besteht aus einer Reihe von Beschreibungen kontextspezifischer Praktiken welche auf der Grundlage von Lehrer*innen- und Schulleitungsinterviews sowie Schul- und Unterrichtsbeobachtungen entwickelt wurden. Insgesamt werden 11 ausgewählte schulische Praxisbereiche beschrieben, welche verschiedene Aspekte des Schullebens (z.B. Schulleitung, Lehrer*innen-Schüler*innen Interaktionen, Curriculum) abdecken und die vier Diversitätsperspektiven (Vielfalt-ablehnende, Vielfalt-ignorierende, Vielfalt-wertschätzende und (Rassismus-)kritische Perspektive) beschreiben.

Das Selbstevaluierungsinstrument wurde mit Hilfe von 164 Lehrer*innen und 650 Schüler*innen aus 18 Schulen (3 Gymnasien, 14 Regelschulen, 1 Gesamtschule) evaluiert. Die Ergebnisse zeigen, dass das Selbstevaluierungsinstrument wie erwartet die vier Diversitätsperspektiven (Vielfalt-ablehnende, Vielfalt-ignorierende, Vielfalt-wertschätzende und (Rassismus-)kritische Perspektive) trennscharf erfasst. Zudem konnte gezeigt werden, dass in Schulen, in denen Vielfalt eher abgelehnt wird, Lehrer*innen tendenziell mehr Stress erleben, und Schüler*innen tendenziell eine geringere Lebenszufriedenheit aufweisen und berichten, weniger Unterstützung von ihren Lehrer*innen zu erhalten. Die besten Ergebnisse ergeben sich aber für Schulen, in denen Vielfalt wertgeschätzt und ein (Rassismus-) kritischer Umgang mit Vielfalt gelebt wird. Hier erleben Lehrer*innen weniger Stress und mehr Selbstwirksamkeit, und Schüler*innen berichten tendenziell ein höheres Zugehörigkeitsgefühl zur Schule. Ebenso weisen Schüler*innen an Schulen, deren Normen und Praktiken stärker von Vielfalt-wertschätzenden und (Rassismus-)kritischen Perspektiven geprägt sind, stärkere globale Kompetenzen auf. Das heißt, sie zeigen eine höhere interkulturelle Kompetenz sowie ein stärkeres Bewusstsein für soziale Ungleichheit, und eine stärkere Motivation, sich für mehr soziale Gerechtigkeit einzusetzen und einzugreifen, wenn sie Diskriminierung beobachten.

Das Selbstevaluierungsinstrument steht Schulen jetzt in digitaler Form zur Verfügung und kann genutzt werden, um eine Selbsteinschätzung der schulischen Normen und Praktiken im Umgang mit kultureller Vielfalt abzugeben. Das Ergebnisprofil beinhaltet auch praktische Hinweise, die helfen sollen Schulentwicklungsprozesse in Richtung einer wertschätzenden, rassismuskritischen Schule anzustoßen. Den Zugang zum Selbstevaluierungsinstrument „Modul 1: Diversitätsperspektiven“ finden Sie hier:

https://weltoffen-lernen.paedagogik.uni-halle.de

Literatur

Celeste, L., Baysu, G., Phalet, K., Meeussen, L., & Kende, J. (2019). Can school diversity policies reduce belonging and achievement gaps between minority and majority youth? Multiculturalism, colorblindness, and assimilationism assessed. Personality and Social Psychology Bulletin, 45(11), 1603-1618.

Schachner, M. K., Schwarzenthal, M., Van De Vijver, F. J., & Noack, P. (2019). How all students can belong and achieve: Effects of the cultural diversity climate amongst students of immigrant and nonimmigrant background in Germany. Journal of Educational Psychology, 111(4), 703-716.

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