Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Forschung

Laufende Forschungsprojekte


Organisiertes Engagement Jugendlicher als Experimentier- und Konstitutionsraum gesellschaftlicher Ordnungsvorstellungen

Projektleitung: Dr. Holger Backhaus-Maul, Prof. Dr. Jörg Dinkelaker, Prof*in Dr. Cathleen Grunert

Mitarbeitende: Arne Arend, Dr. David Jahr

Wiss. Hilfskräfte: Kaja Eckert, Johanna Spieth, BA

Forschungsmittelgeberin: Bundesministerium für Forschung und Raumfahrt

Forschungskontext: Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ)

Laufzeit: 01.06.2024-31.05.2028

In der Forschung wird das organisierte Engagement Jugendlicher in unterschiedlichen Engagementfeldern (u. a. Feuerwehr und Rettung, Freizeit, Kultur, Sport sowie Ökologie, Gesellschaftspolitik und Soziales) rekonstruktiv mit der dokumentarischen Methode untersucht. Die Spannbreite des zu untersuchenden organisierten Engagements reicht vom Engagement Jugendlicher in gering formalisierten selbstorganisierten Gruppen und Initiativen bis hin zum Engagement in von Erwachsenen dominierten Vereinen und Verbänden.

Gegenstand der empirischen Untersuchung sind Engagement- bzw. Handlungspraktiken Jugendlicher, an die sich die Frage anschließt, wie darin inter- und intragenerationale Verhältnisse und Ordnungsvorstellungen relevant werden. Diese Fokussierung gibt Aufschluss über außerschulische Sozialisationsbedingungen im organisierten Engagement in ihren generationalen Bezügen und Bezugnahmen unter denen Jugendliche gesellschaftliche Ordnung prozessieren. Die empirischen Befunde geben Aufschluss über die Relevanz generationaler Verhältnisse und Ordnungsvorstellungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unter den Bedingungen der liberalen repräsentativen Demokratie in Deutschland.

Der Forschung liegt die Annahme zugrunde, dass angesichts von Klimakrise und den damit einhergehenden sozial-ökologischen Transformationsprozessen generationale Verhältnisse und Ordnungsvorstellungen unter Anpassungsdruck geraten, was sich auch im organisierten Engagement Jugendlicher zeigt. Dabei erwarten wir, dass sich regional unterschiedliche Ausprägungen der zu untersuchenden Engagementpraxen Jugendlicher zeigen.

Die Forschung geht somit der Frage nach:

Wie verhandeln Jugendliche im organisierten Engagement angesichts von Klimakrise und sozial-ökologischen Transformationsprozessen generationale Verhältnisse? Und darauf aufbauend: Welche generationalen Ordnungsvorstellungen werden im Hinblick auf das Konzept gesellschaftlichen Zusammenhalt darin sichtbar?

Die Auswahl der Untersuchungsregionen ist von der Vorstellung geleitet, dass bei begrenzten Forschungsressourcen ein möglichst großer Kontrast in den regionalen Bedingungen (Ost-West, Stadt-Land, …) und den Ausprägungen des Engagements Jugendlicher gegeben sein soll. Bei der Auswahl war es von zentraler Bedeutung, in welcher Weise in der Region Betroffenheit von der Klimakrise und sozial-ökologischen Transformationsprozessen thematisiert wird. In einem mehrstufigen Verfahren wurden dann die folgenden Regionen ausgewählt:

  • Regensburg in der Oberpfalz als      eine Region, in der ein klimakrisenbedingtes Katastrophenereignis bereits      stattgefunden hat (Hochwasser des Flusses Regen),
  • Cottbus in der Lausitz als eine      Region, in der klimapolitische Entscheidungen („Kohleausstieg“) einen      gesellschaftlichen Transformationsprozess induzieren, der mit erheblicher      Trockenheit („Wassermangel“) einhergeht und
  • Freiburg im Breisgau als eine      Region, in der die Klimakrise im Allgemeinen und der Temperaturanstieg im      Besonderen im Vordergrund stehen.

In den drei Untersuchungsregionen werden Gruppendiskussionen mit Jugendlichen in verschiedenen Handlungsfeldern des organisierten Engagements durchgeführt, um mittels einer sinngenetischen Typenbildung herauszuarbeiten, wie Jugendliche im organisierten Engagement generationale Verhältnisse (nicht) verhandeln und welche generationalen Ordnungsvorstellungen darin sichtbar werden. Die Gegenüberstellung der regionalen Unterschiede im Umgang mit Klimakrise und sozial-ökologischen Transformationsprozessen kann darüber hinaus Möglichkeiten zum Verständnis der Soziogenese dieser Typen eröffnen. Ziel der Untersuchung ist es, zu zeigen, mit welchen generationalen Ordnungsvorstellungen und Verhältnissen das organisierte Engagement Jugendlicher in seiner Vielfalt und Unterschiedlichkeit einhergeht und wie sich dieses im Spektrum zwischen Konstruktion und Destruktion mit Konzeptionen gesellschaftlichen Zusammenhalts unter den Bedingungen einer liberalen repräsentativen Demokratie angesichts von Klimakrise und sozial-ökologischen Transformationsprozessen verbindet.

Die Forschung ist als Unterarbeitspaket (UAP) im Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) (Themenfeld D/T D:  Kulturelle Dynamiken des Zusammenhalts, Schwerpunkt 2/SP 2:  Sozialisationsdynamiken, Arbeitspaket 4/AP 4:   Jugend als Generation Krise? Sozialisation in Konflikten und Transformationen) verortet.

Das UAP schließt an zentrale im Arbeitspaketes D 04 („Jugend als Generation Krise? Sozialisation in Konflikten und Transformationen“) des Themenfeldes D („Kulturelle Dynamiken“) formulierte Forschungsfragen an:

  • „Wie wirken sich Krisen und      Konflikte auf politische Orientierungen zum gesellschaftlichen      Zusammenhalt aus und inwiefern induzieren diese einen Wertewandel bzw.      Generationenkonflikte?“
  • „Welche politischen      Orientierungen und Vorstellungen gesellschaftlichen Zusammenhalts liegen      jugendspezifischen Handlungspraktiken sowie dem Engagement Jugendlicher in      unterschiedlichen Organisationsformen zugrunde und welche Wechselwirkungen      zwischen ihnen werden sichtbar?“

Wandel im individuellen Engagement sowie neue und innovative Organisations(re)formen

Mitarbeitende


Prof. Dr. Karsten Speck (Projektleitung)

Hannah Prömper (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Keanu Kawald (studentische Hilfskraft)

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg


Dr. Holger Backhaus-Maul (Projektleitung)

Dr. Enrica Audano (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Fenja Aey (studentische Hilfskraft)

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ)


Kooperationspartner*innen:

Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e. V. (Berlin)

Stiftung Aktive Bürgerschaft (Berlin)

Fördermittelgeber:in:

Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE)

Laufzeit:

01.01.2025 – 31.12.2026

Kurzfassung:

In demokratischen Gesellschaften ist Engagement, so die Fachdebatte, hoch bedeutsam, erzeugt und erneuert fortlaufend deren sozialmoralische Grundlagen, sichert die politische Legitimation des demokratischen Institutionensystems und trägt zur gesellschaftlichen Integration und zum Zusammenhalt bei (Backhaus-Maul 2024).

Engagement ist ein integraler Bestandteil sozialen Wandels, sei es als dessen „Treiber“, Gegenstand oder Ergebnis. Es wird nach wie vor zumeist dauerhaft und verbindlich in relativ formalisierten Kontexten erbracht; gleichzeitig zeichnet sich seit Jahrzehnten ein stärker werdender Trend in Richtung Individualisierung, Spontanität, Kurzfristigkeit und Selbstorganisation im Engagement (Speck et al. 2024, Simonson et al. 2022).

Wie alles Gesellschaftliche ist Engagement aber nicht nur positiv zu bewerten, sondern zeigt sich als ambivalent. Es kann milieuübergreifend integrativ wirken („bridging“), es kann aber auch die soziale Schließung in Gruppen, Schichten und Klassen verstärken („bonding“) und möglichweise Spannungen und Polarisierungen in einer Gesellschaft vorantreiben (Putnam 2000).

Angesichts von politischen, ökonomischen und ökologischen Krisen sowie entsprechenden Transformationsprozessen gerät das organisierte Engagement in seinen vielfältigen Formen unter Veränderungsdruck.

Das praxis- und transferorientierte Forschungsprojekt geht der Frage nach, wie sich der Wandel im individuellen Engagement auf Prozesse und Strukturen der Organisation des Engagements unter grundlegend veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auswirkt (grundlegend Kühl 2020).

Konkret wird untersucht

1. wie sich der Wandel im individuellen Engagement auf unterschiedliche Organisation(en) des Engagements auswirkt, dabei wird unterschieden zwischen

  • traditionsreichen etablierten und neuentstandenen sowie
  • formalisierten und gering formalisierten Formen des Engagements

2. über welche Vorstellungen, Konzepte und Strategien Praxisexpert*innen zur Bewältigung des Wandels, insbesondere zur Gewinnung und Bindung von Engagierten verfügen, unter Berücksichtigung der

  • Herausbildung von neuen Milieus, Alters- und Personengruppen sowie
  • veränderten politischen, ökonomischen und  ökologischen Bedingungen

3. welche neuen u. innovativen Organisations(re)formen im Engagement entwickelt werden,

insbesondere

  • zur Herausbildung neuartiger selbstorganisierter Handlungsprozesse
  • zum prozessualen und strukturellen Umgang von bestehenden und traditionsreichen Organisationen mit diesem Wandel.

Das Forschungsprojekt soll die Spannbreite des Engagements von informellen bis hin zu hierarchisch-verbandlichen Organisationsformen (Kühl 2020) sowie die unterschiedlichen Altersgruppen und Milieus Engagierter in noch auszuwählenden Handlungsfeldern des organisierten Engagements, wie Bildung, Freizeit, Kultur, politische Interessenvertretung sowie Unfall, Rettung und Freiwillige Feuerwehr.

Die Datenerhebung erfolgt mittels einer quantitativen Online-Befragung sowie leitfadenbasierter qualitativer Expert:inneninterviews und Gruppendiskussionen. Anhand der Kriterien „ländlich- geprägt“ und „wirtschaftlich relativ strukturschwach“ werden je eine Untersuchungsregion in West- und in Ostdeutschland ausgewählt. Die Erhebung und die Auswertung der empirischen Befunde sowie die sich daraus möglicherweise ergebenen Handlungsfolgen werden mit den Praxispartner:innen (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen, Stiftung Aktive Bürgerschaft) intensiv und ergebnisorientiert diskutiert.

Literatur:

Backhaus-Maul, H. (2024): Engagement – eine überraschend wenig erforschte Handlungspraxis gesellschaftlichen Zusammenhalts, in: Blog des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) vom 16. Januar 2024; online verfügbar unter: https://fgzrisc.hypotheses.org/4553.    

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2024): Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ab 1. Januar 2024, online verfügbar unter: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/J-L/koordinierungsrahmen-gemeinschaftsaufgabe-verbesserung-regionale-wirtschaftsstruktur.pdf?__blob=publicationFile&v=5   

Höferl, K./Jelinek B. (2007): Vom Konstrukt zur Empirie: Beobachtungen zur „Strukturstärke bzw. Strukturschwäche“ österreichischer Gemeinden. In M. Schrenk , V. Popovich, & J. Benedikt (Hrsg.), Proceedings of the REAL CORP 2007 (S. 781-790)

Koschatzky, K./ Kroll, H. (2019): Innovationsbasierter regionaler Strukturwandel – Strukturschwache Regionen in Deutschland. Fraunhofer ISI Arbeitspapiere Unternehmen und Region Nr. R1/2019, Karlsruhe 2019, online verfügbar unter: https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/ccp/unternehmen-region/2019/ap_r1_2019.pdf   

Kühl, Stefan (2020): Organisationen. Eine sehr kurze Einführung, 2. Auflage, Wiesbaden: Springer VS.

Putnam, R. (2000): Bowling Alone. The Collapse and Revival of American Community, New York et al.: Simon & Schuster.

Simonson, J./Kelle, N./Kausmann, C./Tesch-Römer, C. (Hrsg.) 2022: Freiwilliges Engagement in Deutschland. Der Deutsche Freiwilligensurvey 2019, Wiesbaden: Springer VS.

Speck, K./Backhaus-Maul, H./Kemnitzer, T./Sattler, C./Stauvermann, L. (2024): Freiwilligenagenturen in Deutschland. Ausgewählte empirische Befunde der quantitativen Langzeituntersuchung, in: J. Fischer/C. Gille/B. Haas/V. Schachler/G. Scharnberg/J. Schlicht (Hrsg.), Wandel durch und im

Engagement? Voluntaris Sonderband, Baden-Baden: Nomos, S.137-151.

Lernen im bürgerschaftlichen Engagement. Evaluation von Service ­Learning-Aktivitäten und -Programmen im deutschen Bildungssystem

Mitarbeitende

Laufzeit:

01. Dezember 2018 - 31. Mai 2020 (Vorbereitungsphase), 01. Juli 2020 - 30. Mai 2024

Fördermittelgeber/in:

Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ/ https://www.fgz-risc.de/    )

Kurzfassung:

Das Forschungs- und Transferprojekt ist Teil des bundesweiten Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt FGZ) am Standort Halle (https://www.fgz-risc.de/wissenstransfer/alle-transferprojekte/details/HAL_T_02    ).

Gegenstand des Projektes ist das freiwillige Engagement von Schülern und Studierenden im Kontext von Schule und Hochschule. Bürgerschaftliches Engagement von Schülern und Studierenden im Sinne von Service Learning bedeutet einerseits schulisches und akademisches Lernen und anderseits die Auseinandersetzung mit und die Bearbeitung von konkreten gesellschaftlichen Aufgaben und Problemen. In Kenntnis des Ungleichheit begünstigenden deutschen Bildungssystems stellt sich damit die Frage, ob Lernen im bürgerschaftlichen Engagement von Schüler*innen und Studierenden entweder zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beträgt, keine entsprechenden Effekte zeigt oder sogar gesellschaftliche Desintegrationsprozesse verstärkt.

Im Untersuchungszeitraum sollen bestehende Service Learning-Aktivitäten und -Programme im Sinne einer formativen – prozessbegleitenden – Evaluation kontinuierlich evaluiert und mit den Beteiligten gemeinsam weiterentwickelt werden. Die Auswahl der Schulen und Hochschulen soll die Unterschiede im Bildungssystem berücksichtigen sowie der Spannbreite von großstädtischen, wirtschaftlich prosperierenden und von Zuwanderung geprägten bis hin zu strukturschwachen und von Abwanderung geprägten ländlichen Regionen Rechnung tragen. Die Evaluation umfasst qualitative und auch quantitative Erhebungsmethoden, wie insbesondere Gruppendiskussionen, Expert*inneninterviews, Fragebögen und Dokumentenanalysen.

Der wechselseitige Wissenstransfer zwischen Akteuren und Forschern, soll erstens die Akteure in die Lage versetzen, ihr Handeln wissensbasiert zu reflektieren und weiter zu entwickeln und es zweitens Forscher*innen ermöglichen, ihre empirischen Befunde fortlaufend zu aktualisieren sowie ihre Erhebungs- und Auswertungsmethoden weiterzuentwickeln. Als Praxispartner*innen sind u. a. die Stiftungen Aktive Bürgerschaft (Berlin) und Lernen durch Engagement (Berlin) sowie die Freiwilligenagentur Halle-Saalkreis e. V. und das Hochschulnetzwerk Bildung durch Verantwortung e.V. beteiligt.

Publikationen:

Backhaus-Maul, Holger/Jahr, David 2021: Service Learning. In: Schmohl, Tobias/Philipp, Thorsten (Hrsg.) 2021: Handbuch Transdisziplinäre Didaktik, Bielefeld: transcript, S. 288-299.


Abgeschlossene Forschungsprojekte


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