Forschungsprojekte
»Nazis raus«. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der extremen Rechten in Deutschland und Europa seit 1960
Wie umgehen mit extrem rechten Parteien, Vorfällen und Meinungen? In den europäischen Demokratien ist diese Frage zu einer fundamentalen Herausforderung des noch jungen 21. Jahrhunderts geworden, die öffentlich und wissenschaftlich intensiv debattiert wird. Fast keine Rolle spielt dabei, dass die europäischen Gesellschaften in dieser Frage bereits seit langem erprobt sind: Seit den 1960er Jahren stellten Wahlerfolge extrem rechter Parteien, Gewalttaten gegenüber Migranten oder rassistische Skandale Regierungen, politische Parteien, Justizapparate, Bildungseinrichtungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Wissenschaftlerinnen und zahlreiche andere Akteure immer wieder vor dieses Problem. Das Forschungsprojekt rückt die sich hierum entspannenden Auseinandersetzungen in den Mittelpunkt. Es fragt dabei anders als politikwissenschaftliche Studien nicht danach, welche Reaktionen und Strategien sich in der Vergangenheit als besonders wirksam erwiesen. Stattdessen möchte es klären, warum in der Vergangenheit gerade auf diese Weise auf die extreme Rechte reagiert wurde.
Besondere Aufmerksamkeit finden dabei erzieherische Anstrengungen in der Auseinandersetzung mit der extremen Rechten: Untersucht werden die sich wandelnden Konzepte und Praktiken einer „Pädagogik gegen Rechts“. Gefragt wird aber auch nach den sie geknüpften gesellschaftlichen Erwartungen und den sich wandelnden Stellenwert, der ihr – in Konkurrenz zu politischen oder juristischen Reaktionen – zugeschrieben wurden. Diese Geschichte der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der extremen Rechten verfolgt das Projekt in einer europäischen Perspektive: Angesichts der nationalsozialistischen Vergangenheit fand die extreme Rechte in Deutschland auch im Ausland stets besonders große Aufmerksamkeit. Ihre Entwicklung und der Umgang mit ihr wurden zu einem zentralen Gegenstand transnationaler Beobachtung, an dem sich die europäischen Gesellschaften miteinander verglichen. In dieser Weise eröffnet das Forschungsprojekt vertiefte Einsichten in die politische und gesellschaftliche Entwicklung der europäischen Demokratien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und soll zugleich aktuellen Debatten historisches Reflexionswissen zu der Frage bereitstellen, um was gestritten wird, wenn wir mit der extremen Rechten streiten.